Die Erbengemeinschaft
Wie entsteht eine Erbengemeinschaft?
Wer Erbe einer verstorbenen Person (genannt Erblasser) ist, bestimmt sich entweder nach dem Testament, welches der Erblasser hinterlassen hat oder, wenn ein solches Testament nicht vorliegt, nach dem Gesetz. Ist ein Alleinerbe berufen, so kann dieser den Nachlass auch eigenständig verwalten und verwerten. Wenn allerdings der Erblasser in seinem Testament mehrere Erben berufen hat oder wenn nach gesetzlicher Erbfolge mehrere Erben die Rechtsnachfolge des Erblassers antreten, dann spricht man von einer Erbengemeinschaft.
Um Erbe zu werden, bedarf es dabei keines gesonderten Aktes wie etwa der Annahme der Erbschaft oder der Beantragung eines Erbscheines. Die Erbenstellung erlangen die (gesetzlich oder testamentarisch) berufenen Erben automatisch mit dem Tod des Erblassers. Dies gilt auch dann, wenn Ihnen der Todesfall oder das Testament gar nicht bekannt ist.
Daher entsteht die Erbengemeinschaft auch automatisch mit dem Tod des Erblassers, ohne das es hier zu eines besonderen Rechtsaktes oder Vertrages bedarf.
Was sind die Besonderheiten einer Erbengemeinschaft?
Die Erbengemeinschaft wird juristisch als „Gemeinschaft zur gesamten Hand“ definiert. Das bedeutet, dass alle Mitglieder der Erbengemeinschaft unabhängig von der Quote, zu der Sie berufen sind, gemeinschaftlich handeln müssen. Dies gilt sowohl für Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung (zum Beispiel Vermietung oder Verpachtung sowie die Durchführung von Reparaturen oder Erhaltungsmaßnahmen), als auch für außerordentliche Verwaltungsmaßnahmen wie zum Beispiel die Veräußerung einzelner Vermögensgegenstände. Auch die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft kann nur erfolgen, wenn alle Erben zustimmen.
Gesetzliche Regelungen für die Erbengemeinschaft finden sich in dem §§ 2032 bis 2057 des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Wichtig ist, dass jedes Mitglied der Erbengemeinschaft bis zur Auseinandersetzung gesamtschuldnerisch für Verbindlichkeiten des Nachlasses haftet. Tritt also ein Gläubiger des Erblassers an den Nachlass heran, so kann er sich aussuchen, welchen der Erben er (unabhängig von der Quote, zu der dieser berufen ist) auf die gesamte Summe in Anspruch nimmt. Diesem Erben steht zwar gemäß § 426 BGB ein Ausgleichsanspruch gegenüber den Miterben zu, zunächst aber muss er die Forderung allein begleichen.
Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, eine Erbengemeinschaft möglichst schnell auseinanderzusetzen. So kann jeder der Miterben über den ihm zugedachten Anteil verfügen und gleichzeitig sein Haftungsrisiko minimieren.
Wie handelt die Erbengemeinschaft?
Wie bereits oben dargestellt, müssen sämtliche Mitglieder der Erbengemeinschaft gemeinschaftlich handeln. Hier ist aber zu differenzieren:
Bei Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung müssen zwar nach außen hin auch alle Erben auftreten, die Entscheidung, welche Maßnahmen getroffen werden oder nicht, kann aber als Mehrheitsentscheidung getroffen werden. Das bedeutet, dass Erben, die zu einer höheren Quote berufen sind, die anderen Erben überstimmen können. Diese müssen dann die Maßnahmen mittragen. Es können zum Beispiel zwei Erben, die zu jeweils 1/3 berufen sind, den Dritten Erben bei der Frage, ob und gegebenenfalls an wen und zu welchem Preis eine im Nachlass befindliche Wohnung vermietet wird, überstimmen und einen Mieter ihrer Wahl aussuchen.
Trägt der überstimmte Miterbe diese Entscheidung nicht mit und weigert er sich, die entsprechenden Erklärungen abzugeben, so kann seine Zustimmung in einem gerichtlichen Verfahren eingeklagt werden. Das gerichtliche Urteil ersetzt dann seine Erklärung.
Bei Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung sieht dies anders aus. Dies sind insbesondere Maßnahmen, die normalerweise nicht im regelmäßigen Geschäftsgang beschlossen und durchgeführt werden. Hierzu zählen Veräußerungen, wesentliche Umgestaltungen und auch größere werterhöhende Reparaturen und Investitionen. Was eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung und was eine solche der außerordentlichen Verwaltung ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.
Bei Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung bedarf es ebenso der Zustimmung sämtlicher Miterben. Hier können aber keine Mehrheitsentscheidungen getroffen werden, um einen Miterben, der sich weigert, die Maßnahme mitzutragen, zu überstimmen. Die Zustimmung zu bestimmten Maßnahmen kann auch nicht eingeklagt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob die geplante Maßnahme wirtschaftlich sinnvoll oder profitabel ist. Auch die Erbquote, zu der der unwillige Miterbe berufen ist, spielt keine Rolle. So kann ein zu einem sehr geringen Prozentsatz berufener Erbe auch die höchst profitable Veräußerung vom Vermögensstandteilen blockieren.
Wie wird die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt?
Es empfiehlt sich in jedem Falle, eine gütliche Einigung zwischen den Erben herbeizuführen. Wenn Einigkeit besteht, dann ist es ohne weiteres möglich, einzelne Vermögensgegenstände dem jeweiligen Erben zuzusprechen. Dies gilt auch für Immobilien. Ob und inwieweit dann Ausgleichszahlungen fällig sind, kann ebenfalls einvernehmlich unter dem Miterben vereinbart werden.
Wenn eine gütliche Einigung nicht möglich ist, dann müssen sämtliche Nachlassgegenstände zunächst veräußert werden. Dies sollte unbedingt – wenn zumindest insoweit Einigkeit besteht – durch freihändige Veräußerung, etwa durch unter Einschaltung eines Maklers, erfolgen. Wenn allerdings auch hierzu einzelne Erben nicht ihr Einverständnis erteilen, so bleibt nur der Weg der Teilungszwangsversteigerung. Die einzelnen Vermögensgegenstände sind dann zu versteigern. Der Versteigerungserlös fließt dem Nachlass zu und ist entsprechend der Quote aufzuteilen.
Die Teilungszwangsversteigerung ist allerdings eine nicht empfehlenswerte Alternative, da zunächst einmal erhebliche Kosten auf die Erbengemeinschaft zukommen. Darüber hinaus ist die Teilungszwangsversteigerung sehr langwierig und erzielt im Regelfall wesentlich geringere Erlöse als ein freihändiger Verkauf. Die Teilungszwangsversteigerung ist damit das letzte Zwangsmittel, um unwillige Erben zu einer Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu zwingen.
Nachdem sämtliche Vermögensgegenstände veräußert sind, sind aus dem Nachlass die Verbindlichkeiten zu bereinigen. Dies sind die Schulden, die der Erblasser noch hatte, sowie die Verfahrenskosten und die Kosten der Bestattung. Der verbleibende Teil ist dann nach Erbquote aufzuteilen.
Weigern sich einzelne Miterben auch nach der Veräußerung sämtlicher Nachlassgegenstände, die Erbengemeinschaft auseinanderzusetzen, so muss vor Gericht eine Auseinandersetzungsklage eingereicht werden. Diese richtet sich auf Zustimmung des sich weigernden Miterben zu einem detailliert aufgestellten Auseinandersetzungsplan. Das Urteil des Gerichtes ersetzt dann die Zustimmung des Miterben. Die dem jeweiligen Miterben zustehenden Beträge können danach ausgezahlt werden.
Wie sollte eine einvernehmliche Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft erfolgen?
Wenn eine einvernehmliche Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft geplant ist, dann ist es von großer Wichtigkeit, dass zunächst einmal der Bestand des Nachlasses zweifelsfrei festgestellt wird. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle Miterben über die zu verteilenden Vermögensgegenstände genau im Bilde sind.
Die Nachlassverbindlichkeiten, wie zum Beispiel die Begräbniskosten oder gegebenenfalls die Kosten für die Erteilung eines Erbscheins und ähnliches sind aus dem Vermögen zu begleichen.
Hinsichtlich der Mobiliaren und der Immobilien sollte versucht werden, einvernehmlich den jeweiligen Wert festzulegen. Gelingt dies im Einzelfall nicht, so kann auf Kosten des Nachlasses ein Wertgutachten eingeholt werden. Bei besonders werthaltigen Gegenständen und auch bei Immobilien empfiehlt sich dies ohnehin, da nur dann verlässliche Berechnungsgrundlagen vorliegen.
Ist das Nachlassverzeichnis vollständig und mit verbindlichen Wertvorstellungen angefertigt, so müssen die Erben untereinander festlegen, wem welche Vermögensgegenstände zugesprochen werden.
Es ist insoweit möglich, dass einzelne Miterben Vermögensgegenstände aus dem Nachlass übernehmen und die übrigen Miterben anteilsmäßig auszahlen. Möglich ist es auch, einzelne Vermögensgegenstände freihändig meistbietend zu verkaufen oder einen Makler mit der Veräußerung zu beauftragen. Besonders wertvolle Vermögensgegenstände wie zum Beispiel Antiquitäten oder Kunstgegenstände können über ein Auktionshaus verwertet werden.
Wenn diese Schritte gegangen sind, dann kann der restliche Vermögensbestand unter den Miterben jeweils nach Quote und unter Berücksichtigung der bereits aus dem Nachlass erhaltenen Gegenstände aufgeteilt werden.
Über die Auseinandersetzung des Nachlasses wird im Regelfall ein Auseinandersetzungsvertrag angefertigt. Dieser muss für den Fall, dass im Nachlass Immobilien oder Gesellschaftsanteile vorhanden sind, notariell aufgesetzt werden. Bei der endgültigen Aufteilung des noch vorhandenen Nachlassvermögens kann gegebenenfalls auch berücksichtigt werden, dass sich einzelne Miterben besonders um den Erblasser gekümmert haben, etwa durch Pflege oder sonstige Leistungen.
Häufig empfiehlt es sich, bei der Auseinandersetzung des Nachlasses einen auf Erbrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu beauftragen, der dann die Auseinandersetzung professionell und neutral moderiert. Dies hilft, Streitigkeiten zu vermeiden und die Erbauseinandersetzung zu beschleunigen.
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